Sardinien, immer für eine Überraschung gut

Das Ticket ist online gebucht, die Dieseltanks gefüllt und am Abend, oder schon eher in der Nacht, rollen wir in den Hafen gleich um die Ecke ein. Ohne Wartezeit geht es auch sogleich auf die Fähre, auf dem Deck kurz gedreht und rückwärts eingeparkt, suchen wir die Rezeption auf und machen uns dann auf den Weg zu unserer Kabine. Der weibliche Teil des Teams zieht die Karte durch den Schlitz, drückt die Tür auf, betätigt den Lichtschalter und ist ein wenig verwirrt, weil auf dem Tisch vor dem Fenster schon Gepäck steht. Der männliche Teil des Teams direkt hinter dem weiblichen Teil, mit dem Vierbeiner an der Leine der sowieso immer der Erste sein will und sich durch die Beine in den Raum drängelt, sagt nur: da sind Hunde! Also treten wir den Rückzug an. Die fremden Hunde (zwei an der Zahl, zum Glück nicht so groß und total friedlich) mit der Hand zurückhaltend, unseren Hund rückwärts raus ziehend, gelingt es uns die Tür zu schließen, ohne dass einer entwischt oder ein Hundeknäuel entsteht. Zurück zur Rezeption, auch hier leichte Verwirrung und mit einer neuen Karte zur Nachbarkabine. Hier ist frei, hier lassen wir uns nieder.

Während der männliche Teil des Teams sogleich das Bett testet, schließlich ist es schon nach 21:00 Uhr, erkundet der weibliche Teil das Deck und entdeckt, dass wir zu Gast bei „Batman“ sind, na dann!

Es liegen hier viele Kreuzfahrtschiffe vor Anker und sind ganz nett anzuschauen. Es kommt Leben in das Schiff, wir legen ab und schon nach wenigen Minuten stellt sich eine gewisse Grundübelkeit ein. Juchhu, diese hält sogar noch einen Tag lang an, nachdem wir die Fähre am Morgen verlassen haben.

Wir sind da!

Wir fahren vom Schiff und da es noch sehr früh ist, steuern wir unseren ersten Stellplatz an, um gleich noch ein wenig auszuruhen.

Schließlich haben wir keine Zeit für Stress!

Gleich der erste Platz auf der Insel ist ein Volltreffer, wie wir finden.

Wir verweilen wenige Tage und fahren nun gaaanz langsam die Ostküste runter. Wettermäßig ist von schönen, warmen Sonnentagen bis Regen und Sturm alles dabei.

Wir erleben unsere erste wirklich nennenswerte Wasserdurchfahrt, wo wir bis zu den Dieseltanks im Bach verschwinden und machen Bekanntschaft mit dem Neptungras bzw. eher mit den daraus entstehenden Neptunbällen.

Wir kommen an einem Marmorsteinbruch vorbei und überqueren die ersten Berge auf Sardinien.

Ein neuer Übernachtungsplatz ist schnell gefunden und das nächste Unwetter ist auch schon da.

Nach 15 Tagen auf Sardinien stellen wir fest, dass unser Gas alle ist. Das ist nicht weiter tragisch, da unsere App uns mitteilt, dass ein Gashändler ganz in der Nähe ist. Am Morgen dann, alles ist zur Abfahrt bereit, es stören nur noch die zwei gefüllten gelben Säcke im Fußraum des Beifahrersitzes, das böse Erwachen: da hat jemand, oder etwas, die leere Milchtüte angeknabbert…

Übrigens, wer sich jetzt fragt, warum wir denn überhaupt zwei gefüllte gelbe Säcke im Führerhaus haben, hier kommt die Lösung: gut deutsch, wie wir ja nun mal erzogen sind, haben wir fleißig unseren Müll getrennt und auf eine öffentliche Mülltonne gewartet. In ganz Italien wo wir bis jetzt waren, gab es ständig und überall die großen 1100L Mülltonnen, wo man jederzeit seinen Müll drin versenken konnte. Nur in Sardinien nicht mehr! Seit ca 2013/14 gibt es keine öffentlichen Mülleimer mehr, es gilt „Müllentsorgung nach dem Verursacherprinzip“. Schön und gut, dass die Gemeinden nicht mehr für fremden Müll aufkommen wollen, doch was macht man nun, wenn man mit dem Wohnmobil bzw. Expeditionsmobil unterwegs ist und noch dazu die Campingplätze geschlossen haben?

Ein Blick ins Handschuhfach bringt Gewissheit, wir haben einen blinden Passagier. Nicht witzig, da er das Handschuhfach zu seiner Toilette auserkoren hat. Der weibliche Teil des Teams ist jetzt schon bedient. Gut, bzw. nicht gut, aber im Moment nicht zu ändern, weil wir uns erst einmal um das neue Gas kümmern müssen. Da der Händler angeblich 3,80 Euro/kg zum Auffüllen deutscher Flaschen nimmt, wollen wir erst mal schauen, ob wir keine italienische Flasche kaufen und diese dann selbst umfüllen können. Es wird ein anstrengender Tag, zwischendurch noch ein Einkauf im Discounter, und zum Nachmittag hin landen wir dann doch bei dem Händler vor geschlossenen Türen. Er öffnet erst um 16:00 Uhr wieder, also heißt es warten. Auf unserem Parkplatz dürfen wir auch nicht stehen bleiben, ein netter älterer Mann bittet uns auf deutsch etwas zurück zu setzen, damit die Fahrbahnmarkierung erneuert werden kann. Da der gute Mann deutsch sprechen kann, wird er sogleich noch interviewt, wo man denn wohl hier seinen Müll entsorgen kann. Er war so nett und hat uns die gelben Säcke abgenommen, er arbeitet anscheinend für die Gemeinde und konnte sie dementsprechend entsorgen. Danke dafür! Gleichzeitig gab er uns auch noch den Tipp, dass die Tankstelle gleich hinter uns Gasflaschen verkauft und schon um 15:30 Uhr wieder geöffnet hat. So kamen wir dann für sage und schreibe 17,50 Euro zu einer italienischen Gasflasche inklusive Füllung. Noch schnell zum neuen Übernachtungsplatz. Der männliche Teil des Teams kann die Gasflaschen noch umfüllen und die Mausefallen aufstellen. Was für ein Tag!

Doch aller Hoffnung zum Trotz, will der ungebetene Besucher nicht in die Falle gehen, im Gegenteil. Er verhöhnt uns, indem er auf die Falle schei..!

Als der männliche Teil des Teams dann einen Spanngurt braucht und unter dem Beifahrersitz nachschaut, haben wir Gewissheit:

Es ist keine Maus, es ist eine Ratte!

Im folgenden wird sie Signor P. genannt, aus datenschutztechnischen Gründen und um eine Diskriminierung zu unterbinden, schreiben wir den Namen nicht aus. Signor P. hat Plastik, Zewa, Handtuchreste und dergleichen mehr schon hierher geschleppt. Beim Rausnehmen des Nestmaterials kam es dann zum Blickkontakt. Körperlänge ohne Schwanz ca. 18 cm. Also fingen wir an, das gesamte Führerhaus leer zu räumen. Durch klopfen und schlagen haben wir ihn so in Bedrängnis gebracht, dass er sich mit einem Sprung unter dem Mittelsitz heraus, über das Gaspedal, an der Lenksäule hoch in das Armaturenbrett geflüchtet hat. Von dort ging es in das Handschuhfach und durch eine Öffnung nun wahrscheinlich in die A-Säule hinein. Seit dem ward er nicht mehr gesehen.

Und Signor P. hat schon einige Schäden verursacht…

Am meisten tut es weh, das neue, noch nicht einmal benutzte, kienetische Abschleppseil (links unten das Bild), im Wert von ca. 350,- Euro, angefressen zu sehen. Der neue Ersatzmantel für unsere Fahrräder (rechts oben das Bild) muss auch gut geschmeckt haben.

Eine selbst gebaute Eimerfalle, diverse Leckereien und Nistmaterial konnten Signor P. die kommenden Nächte nicht hervorlocken.

Die installierte Wildkamera hat keine Bewegungen aufgenommen. Jetzt bleibt uns nur die Frage: Hat er sich verzogen und ein weiteres Loch in die Freiheit gefunden, oder sitzt er weiterhin in der A-Säule gefangen, weil er die Wände nicht mehr hoch kommt? Wir werden schon wieder fast nachlässig im Aufstellen der Wildkamera jeden Abend, als Signor P. plötzlich wieder gefilmt wird. Was nun? Es ist nach wie vor nichts angerührt und auch keine neuen Köddel sind sichtbar. Was macht der, was soll das? Wir kaufen also im nächsten Baumarkt eine Rattenfalle und fangen von vorne an. Jeden Morgen die gleiche Hoffnung, dass er endlich in die Falle gegangen ist, um Gewissheit zu haben. Doch nichts tut sich mehr, auch nicht auf der Kamera. Jetzt heißt es weiter beobachten und vorerst wird noch nichts wieder nach vorne geräumt, bis wir uns eigentlich sicher sind, dass Signor P. wieder ausgezogen ist…

Derweilen bekommen wir einen kleinen Einblick auf einem Übernachtungsplatz am Rande von Cagliari in die Lebensgewohnheiten mancher Sarden (Einwohner Sardiniens, genannt Sarden, nicht Sardienen). Da wird schon mal am Nachmittag neben unserem LKW, mit Kleinkind auf dem Rücksitz, gekokst oder am frühen Vormittag ein kleines Wildschwein bei vollem Bewusstsein abgestochen. So ist das Leben, eben!

Noch ein wenig geschockt von diesen Einblicken fahren wir weiter und landen auf einem schönen Platz über einem Felsenbogen.

Nachdem wir alles erkundet haben geht es weiter zu einem schmalen Landstreifen zwischen Meer und Salinenteichen, mit direktem Blick auf Flamingos.

Doch schon am zweiten Morgen bekommen wir Besuch von der Natur-Polizei, die eigens wegen uns den Weg auf sich genommen hat. Es hat wohl jemandem nicht gefallen, dass wir hier stehen. Sehr freundlich wurden wir gebeten hier nicht mehr zu stehen und für ein längeres Verweilen doch einen Campingplatz aufzusuchen. Also packen wir wieder zusammen und machen uns auf den Weg zur Insel Sant´Antioco. Hier wollen wir uns ein schönes, ruhiges Plätzchen für den „Feiertags-Lockdown“ suchen. In Italien ist es ab dem 21.12. bis zum 07.01. verboten die eigene Gemeinde zu verlassen und an den Feiertagen selbst ist Ausgangsverbot. Außer zum Einkaufen von Lebensmitteln und Medikamenten oder Arztbesuchen ist es verboten das Haus zu verlassen. Also umrunden wir die Insel mit dem Blick nach möglichen Plätzen.

Capo Sperone ist zum Beispiel so ein Platz…

Hier gibt es Reste von einem im Dezember 2019 auf Grund gelaufenen Schiff und alte Ruinen zu besichtigen.

Plage de Cala Lunga

Zwei, drei sind dann auch schnell ins Auge gefasst und so kehren wir zum Hauptort zurück, um Lebensmittel und Wasser für die kommenden Wochen aufzufüllen. Zurück auf dem Platz Nummer 1 der Rangliste der besten Lockdown Plätze, richten wir uns ein. Die nächsten Tage sollen einige Arbeiten an, um, in und für Beule verrichtet werden. Oberste Priorität ist allerdings: Die Löcher im Führerhaus, so weit es geht, Maus und Ratten sicher zu machen. So haben wir also die nächsten 21 Tage genug zu tun und dann ist ja auch noch Weihnachten…

In diesem Sinne, trotz aller Umstände:

Wir wünschen euch allen ein Frohes Weihnachtsfest.

Genießt die Zeit so gut es geht, es ist ja sowieso im Moment nicht zu ändern. Auch, wenn es dieses Jahr anders verlaufen wird, wie vieles Andere ja auch schon anders verlaufen ist als sonst, in diesem Jahr. Zwischen den Jahren blicken wir zurück auf ein verrücktes, so nie erwartetes Jahr 2020, und freuen uns voller Hoffnung auf ein neues, pandemiefreieres Jahr 2021. Bleibt alle gesund, das ist das Wichtigste in diesen Zeiten!

Guten Rutsch und guten Start ins neue Jahr!

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